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Süßes oder Saures

Die folgende Kurzgeschichte entstand als Monatsaufgabe von Instagram. Es ist eine Verschmelzung zweier Aufgaben.
Aufgabe Eins lautete: Halloween.
Aufgabe Zwei lautete: Gespaltene Persönlichkeit.
Ich habe mir erlaubt beide Aufgaben in einer Geschichte zu verschmelzen.




„Süßes oder Saures!“ Die Kinder, die Thomas ihre Körbe entgegenstreckten hatten sich alle Mühe gegeben sich zu verkleiden. Vor ihm standen ein Vampir, eine Mumie, ein Geist und ein Werwolf.
„Hier bitteschön, nehmt nur.“ Thomas liebte Halloween. Es bereitete ihm jedes Mal eine riesige Freude, die strahlenden Gesichter der Kinder zu sehen, wenn er ihnen Süßigkeiten schenkte.
„Bah! Verzieht euch! Von mir bekommt ihr gar nix.“ Robert hingegen fand Halloween zum kotzen. Er fand Kinder ebenfalls zum kotzen. Allgemein kotzte ihn alles an, was nicht mit ihm selbst zu tun hatte. Die Kinder, die gerade noch freudestrahlend in die Tüte mit Süßigkeit gegriffen hatten, schauten Robert nun verwirrt an.
„Ach Robert, jetzt sei doch nicht so griesgrämig.“
„Pah. Diese Gören haben doch keine Ahnung. Halloween...das ist doch auch wieder nur so ein Dreck aus Amerika.“ Die Kinder schauten sich verunsichert an, und entschieden sich, dass es am besten war, wenn sie verschwinden würden.
„Das hast du ja mal wieder super hingekriegt. Warum bist du so?“ Thomas war sauer. Robert musste immer alles kaputt machen.
„Wie bin ich denn? Ich hab doch bloß die Wahrheit gesagt. Zu unserer Zeit gab es diesen Halloweenquatsch nicht.“
„Und deswegen dürfen diese Kinder keinen Spaß haben?“
Die sollen sich schon mal dran gewöhnen, dass die Welt hart ist.“ Für Robert war das Gespräch beendet, doch Thomas hatte noch Klärungsbedarf. Er kam jedoch nicht dazu etwas zu erwidern, denn es klingelte erneut an der Tür.
„Was?“ Robert öffnete die Tür und nachdem er niemanden vor sich stehen sah, schaute er nach unten und da stand ein kleines Mädchen in einem Hexenkostüm vor ihm.
„Bekomme ich vielleicht ein paar Süßigkeiten?“ Das Mädchen schaute mit großen Augen zu Robert, der nur schnaubte.
„Nein!“ Robert wollte bereits die Tür wieder zuschlagen, als Thomas ihn davon abhielt.
„Natürlich bekommst du etwas. Warte kurz, wir holen dir etwas.“
„Ich will aber nicht.“ Robert weigerte sich. Das Mädchen begann zu kichern und schaute interessiert zu, wie Thomas mit Robert stritt.
„Du bist lustig.“ Thomas und Robert hörten auf zu streiten und Thomas merkte, dass er das Körbchen mit Süßigkeiten bereits in seinen Händen hielt. Er streckte es dem Mädchen entgegen und sie nahm sich etwas heraus. Sie winkte zum Abschied und lief den Weg zur Straße hopsenderweise zurück. Thomas schaute ihr hinterher und Robert rollte mit den Augen. Da sahen die beiden, wie ein weißer Lieferwagen vorbeigefahren kam. Ein Mann, der darin saß, sprach das kleine Mädchen an und Thomas und Robert bekamen ein ungutes Gefühl.
„Ich glaube, wir sollten die Polizei rufen.“ Thomas bekam es mit der Angst zu tun. Dieser Lieferwagen sah verdächtig aus.
„Ich glaube ausnahmsweise, dass du Recht hast.“ Robert griff in seine Hosentasche und holte sein Handy heraus. Er wählte die Nummer der Polizei und schon nach kurzem klingeln hörte er, eine Stimme am anderen Ende.
„Sie haben den Notruf gewählt. Wie kann ich helfen?“
„Ja, äh...Hallo. Ich wollte sie wissen lassen, dass ein Mann mit einem weißen Lieferwagen... Hey! Hey weg von dem Mädchen!“ Thomas rannte aus dem Haus. Der fremde Mann hatte das kleine Mädchen am Arm gepackt, die nun heftig versuchte sich zu wehren. Als er Thomas auf sich zu rennen sah, ließ er das Mädchen los und flüchtete sich in seinen Wagen zurück. Thomas erreichte das Mädchen gerade in dem Moment, da der Fremde davonfuhr.
„Hallo? Sind sie noch dran?“ Robert nahm wieder das Telefon und hielt es sich ans Ohr.
„Ja, ja...Hauptstraße vierunddreißig in Neustadt. Kommen sie am besten schnell. Ich habe gerade einen Kidnapper verjagt.“ Robert legte auf und Thomas nahm das kleine Mädchen in den Arm.
„Alles gut bei dir?“ Dem Mädchen standen Tränen in den Augen. Scheinbar hatte der Fremde ihr weh getan, denn sie hielt sich den Arm. Doch zu Thomas‘ und Roberts Erleichterung nickte sie mit dem Kopf. Sie Entschieden sich, gemeinsam auf die Polizei zu warten und bereits nach kurzer Zeit kam ein Streifenwagen vorgefahren. Zwei Polizisten stiegen aus und kamen auf sie zu.
„Sie haben angerufen, weil sie eine Kindesentführung vereitelt haben?“ Der Polizist holte einen Stift und einen Notizblock hervor. „Können sie den Täter beschreiben, oder das Fahrzeug?“
„Ich hab leider nicht darauf geachtet, wie er aussah, oder so etwas. Mir war nur wichtig, dass die Kleine in Sicherheit ist.“ Das Mädchen klammerte sich an Thomas, der noch immer neben ihr kniete.
„Ich hab mir das Kennzeichen merken können.“ Robert wollte helfen, denn was er noch weniger leiden konnte, als Kinder, waren Typen, die Kinder entführten.
„Äh...Entschuldigung, haben Sie nicht gerade gesagt, dass sie sich nichts merken konnten?“ Der Polizist schien verwirrt zu sein.
„Ich? Nein, das war Thomas.“
„Robert hat sie auch angerufen.“ Der Polizist schaute zu seinem Kollegen, der genauso verwirrt schaute.
„MELANIE!“ Eine Frau kam auf sie zu gerannt.
„Mama!“ Melanie ließ Thomas los und umarmte nun ihre Mutter, die das kleine Mädchen panisch von Robert davon zerrte.
„Was hat der da getan?“ Melanies Mutter zeigte mit hysterischem Blick auf Robert und Thomas.
„Beruhigen Sie sich, gute Frau...“ Der Polizist versuchte behutsam zu wirken, doch es klappte nicht.
„Ich soll mich beruhigen, während dieser Irre da meine Tochter anfasst?“
„Hey, wer ist hier Irre? Wir haben ihre Tochter davor gerettet entführt zu werden.“ Roberts Stimme bebte. Menschen wie diese Frau waren der Grund, wieso er es hasste das Haus zu verlassen.
„Was? Entführt? Was soll das heißen?“
„Mama, da war so ein Mann, der wollte, dass ich in sein Auto steige, weil er dort Süßigkeiten hätte, aber ich kannte den nicht und du hast gesagt, ich darf nicht mit Fremden mitgehen. Das hab ich ihm auch gesagt, aber dann ist er wütend geworden und hat mich am Arm gepackt. Der Mann hat mir geholfen.“ Melanie lächelte Thomas und Robert an. Thomas erwiderte das Lächeln, doch Robert rollte mit den Augen, was Melanie dazu brachte zu kichern.
„Hören Sie, wir wissen, dass wir in der Nachbarschaft nicht gerade sehr beliebt sind, aber glauben Sie uns, wenn wir Ihnen sagen, dass wir nur helfen wollten.“ Thomas versuchte sich zu erklären. Es tat ihm weh, dass die Leute in der Nachbarschaft hinter ihrem Rücken über ihn und seinen Bruder tuschelten. Er mochte Melanie, denn sie war seit langem die erste, die sie anders behandelte, als alle anderen und er wusste, dass es Robert genauso ging, auch wenn er es niemals zugeben würde.
„Also so, wie ich das sehe, werden wir Ihre Personalien aufnehmen und wir werden eine Fahndung einleiten. Sie geben uns bitte noch das Kennzeichen und dann hat sich diese Angelegenheit für uns eigentlich auch schon erledigt.“ Der Polizist holte erneut seinen Stift und Notizblock hervor und wollte die Sache beenden.


Am nächsten Tag klingelte es an der Tür, als Thomas gerade Kaffee gekocht hatte.
„Kann man hier nicht mal in Ruhe seinen Kaffee trinken.“ Robert war wie immer schlecht gelaunt. Dennoch machten sich er und Thomas auf den Weg zur Tür. Sie öffneten und vor ihnen standen Melanie und ihre Mutter. „Was wollen Sie?“
„Entschuldigen Sie die Störung, aber meine Tochter wollte ihnen etwas geben.“ Melanies Mutter schien peinlich berührt zu sein, doch Melanie selbst strahlte Thomas und Robert an und hielt ihnen einen Kuchen entgegen. Darauf war das Wort Danke zu lesen, welches anscheinend mit Zuckerguss von Melanie darauf angebracht worden war, denn die Buchstaben waren unterschiedlich groß und ziemlich krakelig geschrieben.
„Weil ihr mir gestern geholfen habt.“
„Oh, vielen Dank!“ Thomas nahm den Kuchen entgegen und lächelte das Kind an. „Wieso kommt ihr denn nicht rein, dann können wir ihn gemeinsam Essen.“
„AU JA!“ Melanie war aus dem Häuschen.
„Was? Nein, Nein, Nein! Ich hab noch nicht meinen Kaffee getrunken. Außerdem ist es früh am Morgen, da isst man noch keinen Kuchen.“ Robert protestierte, wie immer, doch Thomas war es egal.
„Ach jetzt komm. Hab dich nicht so.“ Thomas lächelte nun auch Melanies Mutter zu. Die versuchte das Lächeln zu erwidern, doch es wurde mehr zu einer angestrengten Grimasse. Sie entschied sich jedoch trotzdem dazu das Haus zu betreten, denn ganz egal, ob Thomas und Robert die gespaltene Persönlichkeit eines armen Mannes verkörperten, so war sie doch dankbar, dass dieser Mann ihrer Tochter geholfen hatte, als sie Hilfe benötigte

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