Diese Kurzgeschichte spielt vor den Ereignissen meines Romans "Projekt Schimäre - Der Verfall"
Yero beobachtete den Stier, seitdem er die Bar betreten hatte. Er wusste nicht, was es war, doch dieser Stier hatte irgendetwas an sich, das Yero’s Aufmerksamkeit erregte. Der Stier war bereits seit einiger Zeit in ein Kartenspiel mit zwei Hirschen verwickelt.
„Dann leer mal deine Taschen. Ich hab einen Vierling.“ Einer der Hirsche warf seine Karten mit triumphierendem Blick auf den Tisch, während der andere bereits den großen Haufen an eingesetzten Gegenständen in der Mitte des Tisches zu sich ziehen wollte. Der Stier packte den Hirsch blitzschnell am Arm und schaute den anderen Hirsch nur grimmig an, bevor er seine Karten offenbarte.
„Royal Flush.“ Der Stier schubste den Hirsch weg und zog den Haufen nun zu sich. Die Hirsche staunten zuerst ungläubig, wurden jedoch recht schnell danach wütend.
„Unmöglich! Das ist das höchste Blatt im Poker. Niemand hat das einfach so. Du hast geschummelt.“ Der Hirsch sagte die Wahrheit. Der Royal Flush war extrem selten und viele Spieler hatten noch nie in ihrem Leben auch nur annähernd das Glück, das dieser Stier hatte. Yero hatte jedoch gesehen, dass der Stier vollkommen fair spielte. Entweder war der Stier verdammt gut, oder er hatte einfach nur unverschämtes Glück. Die Hirsche wollten gerade auf den Stier losgehen, als der Wirt zu brüllen begann.
„In meiner Bar wird sich nicht geprügelt! Raus mit euch! SOFORT!“ Alle sahen die Hirsche an, während sie fluchend die Bar verließen. Der Stier trank sein Glas aus und verließ die Bar danach ebenfalls. Er wusste nicht wieso, doch instinktiv folgte Yero dem Stier.
Er blieb in einiger Entfernung zu ihm, während er durch die Straßen der Stadt wanderte. Yero hatte zwar das ein oder andere Ass im Ärmel. Dennoch wollte er sich nicht mit diesem Stier anlegen müssen, schließlich war er selbst nur ein kleiner Hase. Der Stier bog in eine Seitengasse und verschwand kurz aus Yero’s Blickfeld, als plötzlich ein Schrei zu hören war. Yero rannte um die Kurve und sah, wie die beiden Hirsche den Stier angriffen. Der hatte ein Messer im Arm stecken, welches scheinbar durch einen Überraschungsangriff der Hirsche dort hingelangt war. Einer der Hirsche schlug zu, doch der Stier blockte den Schlag gekonnt ab und schlug selbst zu. Trotz des Messers hatte sein verletzter Arm immer noch ziemlich viel Kraft. Dennoch erkannte Yero, dass der Stier in diesem Zustand gegen die zwei Hirsche kaum eine Chance hatte. Er kramte in seiner Tasche herum und suchte nach etwas, das die Situation entschärfen könnte. Er fand ein Relikt, das er vor kurzem aus einer Ruine geholt hatte. Er hatte sie im Wald entdeckt und wusste sofort, dass es sich um eine der vielen Ruinen der Menschen handelte, die viele Jahrhunderte vor den Tieren gelebt hatten. Er nahm das Relikt in die Hand und hielt es instinktiv auf den Hirsch, der nun wieder einen Angriff auf den Stier begann. Er drückte auf den Hebel, der an dem Relikt angebracht war und kurz darauf trafen zwei metallene Nadeln den Körper des Hirsches. Der begann daraufhin zuckend und schreiend zu Boden zu fallen. Die Situation war jedoch noch nicht gerettet. Der zweite Hirsch erkannte, wer für die Schmerzen seines Freundes verantwortlich war und ging nun auf Yero los. Der Hase griff erneut in seine Tasche und holte eine Rakete und ein Feuerzeug heraus. Er zündete die Rakete an, welche kurz darauf losflog. Sie landete genau im Geweih des Hirsches und explodierte dort mit lautem Knall und vielen bunten Farben. Yero hatte inzwischen den Stier gerufen und gemeinsam liefen sie den Hirschen davon.
Sie versteckten sich in einer weiteren Seitengasse. Der Stier blutete fürchterlich. Yero zog das Messer aus dem Arm des Stieres und verband ihn danach.„Danke.“ Der Stier hatte eine tiefe brummige Stimme, doch Yero bemerkte eine gewisse Wärme darin.
„Kein Problem. Ich bin übrigens Yero.“ Kurze Zeit herrschte Stille, bevor der Stier antwortete.
„Ich heiße Bahir.“
„Freut mich dich kennenzulernen Bahir.“ Yero hatte den Arm verbunden und packte seine Sachen zurück in seine Tasche, die nun um einiges leichter war. Er ärgerte sich, da er das seltsame Gerät und die Rakete hatte verkaufen wollen.
„Na dann mach's mal gut. Und wenn du das nächste mal so unverschämtes Glück beim Kartenspiel hast, dann pass besser auf.“ Yero machte kehrt und wollte gehen.
„Wohin gehst du?“ Bahir war aufgestanden und sah Yero mit seltsamem Blick an.
„Keine Ahnung. Wohin mich mein Weg halt führt.“ Yero hatte kein festes Ziel. Er wusste nur, dass er etwas Neues zum verkaufen finden musste.
„Dann komme ich mit dir.“ Der Stier schien es ernst zu meinen, denn er kam auf Yero zu anstatt sich weiter auszuruhen. „Du hast mich gerettet. Ich verdanke dir mein Leben und damit habe ich eine Lebensschuld bei dir abzuleisten.“
Yero war überrascht. Damit hatte er zwar nicht gerechnet, aber dieser Stier würde einen super Bodyguard abgeben. Yero grinste und gemeinsam machten sie sich auf den Weg ins Ungewisse.
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