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Die Wette



Kurzgeschichte für einen Schreiwettbewerb des Via Anima Verlags. Wettbewerbsthema war "Liebe und Tod"



Die Liebe und der Tod stritten darüber, wer am längsten währte.

„Die Menschen heiraten aus Liebe und schwören sich ewige Treue.“ Die Liebe war sehr stolz darauf, schon so viele Paare zusammengeführt zu haben.

„Aber doch nur, bis der Tod sie scheidet.“ Der schwarzgemantelte Tod schwebte um die Liebe herum. Seine Sense blitzte unheilvoll im Sonnenlicht. „Die Menschen wissen selbst, dass ich unausweichlich bin.“

Die Liebe, ganz in weiß gekleidet, stieß den Tod beiseite, bevor sie ihm etwas vorschlug.

„Lass uns wetten.“

„Wetten?“ Der Tod war irritiert. Was könnte die Liebe vorschlagen, worum sie wetten sollen.

„Ich werde zwei Menschen dazu bringen, sich ineinander zu verlieben. Sie werden ihre Leben leben, bis sie letztendlich sterben werden. Wenn dieser Moment kommt, dann werden wir sehen, wer von uns beiden gewinnt.“ Die Liebe war fest entschlossen, diese Wette zu gewinnen, doch der Tod grinste diabolisch.

„Lass es uns noch etwas spannender gestalten.“ Der Tod schwebte erneut um die Liebe herum. „Wie du weißt, stehe ich nicht nur für den unausweichlichen Tod der Menschen, sondern auch für das Ende vieler Dinge.“ Die Liebe nickte, doch wusste sie noch nicht, worauf der Tod hinaus wollte. „Ich werde dieses Paar auf die Probe stellen. Sie werden leiden, doch wenn ihre Liebe das Leid übersteht, dann werden wir sehen, wer von uns die Wette gewinnt.“ Die Liebe hatte kein gutes Gefühl bei diesem Vorschlag des Todes, doch sie willigte ein.

Es dauerte nicht lange, bis die Liebe ein junges Paar fand, das für die Wette perfekt war. Sie schenkte ihnen ihre Liebe und schon nach kurzer Zeit heirateten sie. Das gemeinsame Leben der beiden war noch jung und frisch, als der Tod zum ersten Mal an ihre Pforte klopfte. Die Frau war schwanger, als der Mann seinen Job verlor. Sie hatten kein Geld mehr und der Tod war sich sicher, dass die Frau den Mann verlassen würde. Doch sie blieb bei ihm und ihre Liebe half den beiden durch diese schwierige Zeit zu kommen.

„Siehst du?“ sagte die Liebe „Ihre Liebe ist stärker als das, was du ihnen an Leid zufügst.“ Doch der Tod lachte nur und schwebte fürs erste davon.

Das Leben des Paares ging weiter und sie zogen ein kleines Mädchen auf, welches aus ihrer Liebe geboren war. Doch erneut kam der Tod und versuchte ihre Liebe zu zerstören. Diesmal schickte er eine attraktive Dame, die den Mann verführen sollte. Der Tod war sich sicher, dass die Liebe der beiden nicht ausreichen würde, um zu verhindern, dass er fremdging. Die attraktive Frau versuchte mit allen Mitteln den Mann zu verführen, doch er ließ sich nicht auf ihre Anmachversuche ein. Er liebte seine Familie zu sehr, um sie auf diese Weise zu betrügen.

„Siehst du?“ sprach die Liebe erneut. „Du hast schon wieder versagt. Nichts kann ihre Liebe zerstören, denn sie währt ewig.“ Der Tod blieb still, doch es war offensichtlich, dass er wütend war. Er war sich doch so sicher, dass er diesmal gewinnen würde. Die kleine Familie lebte weiter ihr friedliches Leben und das kleine Mädchen von damals, war zu einer hübschen Frau herangewachsen. Die Liebe, die ihre Eltern nicht nur füreinander, sondern auch für sie empfanden, gipfelte an dem Tag, an dem der Vater seine Tochter zum Altar führte. Doch schon kurz darauf, besuchte sie erneut der Tod. Diesmal war er bereit, das Paar leiden zu lassen, so sehr er nur konnte. Die Mutter wurde schwerkrank, woraufhin der Tod sich sicher war, dass der Vater und die Tochter sie vergessen würden, sobald sie ersteinmal gestorben war. Doch die Liebe des Paares war ungebrochen. Tag und Nacht saß der Vater am Bett seiner Frau, während die Tochter ebenfalls alles unternahm, um ihre Mutter zu heilen. Doch es half nichts. Der Tod holte sich die Frau und riss das Paar entzwei.

„Siehst du?“ sagte der Tod triumphierend. „Wie ich bereits gesagt habe. Bis, dass der Tod euch scheidet.“ Doch die Liebe schüttelte nur den Kopf.

„Du hast vielleicht die Frau zu dir geholt, doch ihre Liebe hast du nicht zerstört.“ Sie hatte Recht, denn der Mann stand weinend am Grab seiner Frau, denn seine Liebe zu ihr war ungebrochen. Er vermisste sie schrecklich.

„Warte nur ab meine Liebe. Jetzt ist der Verlust noch frisch, doch in ein paar Jahren wird er sie vergessen und er wird eine neue Frau finden. Und wenn es soweit ist, habe ich die Wette gewonnen.“ Siegessicher flog der Tod davon, doch die Liebe schaute ihm kopfschüttelnd hinterher. Sie wusste, dass sie bereits gewonnen hatte, doch der Tod konnte es nicht sehen. Die Jahre vergingen und der Mann wurde alt. Er wurde Großvater zweier Enkelkinder, die er bedingungslos liebte. Doch seine große Liebe vergaß er nie. Der Tod versuchte noch ein paar mal ihn zu verführen, indem er ihm mehrere Frauen schickte, die ihn dazu bringen sollten seine geliebte Ehefrau zu vergessen, doch Tag für Tag besuchte der Mann das Grab seiner Frau. Selbst nach Jahren des Alleinseins, kam ihm nicht in den Sinn, sie jemals zu vergessen. Doch auch wenn er allein war, so war er nicht einsam. Er lebte glücklich und zufrieden, umgeben von seiner Familie. Der Tod hatte die Wette immer noch nicht gewonnen, was ihn sehr wütend machte. Eines Tages, kam der unausweichliche Tag, der für jeden Menschen irgendwann kam. Seine gesamte Familie stand um das Sterbebett des Mannes. Er war alt und wusste, dass es Zeit war zu gehen, doch hatte er keine Angst davor zu sterben. Er wusste, dass die Menschen, die ihn liebten, ihn niemals vergessen würden, so wie er seine geliebte Frau nie vergessen hatte und er freute sich darauf, sie endlich wieder zu sehen. Mit einem Lächeln im Gesicht, begrüßte er den Tod und folgte ihm ins Jenseits. Er wurde an der Seite seiner Frau begraben, die er so lange geliebt hatte, sodass sie selbst im Tod wieder vereint waren.

„Siehst du?“ sagte der Tod erneut, doch diesmal lag Gewissheit in seiner Stimme. „Die Liebe, die du den beiden geschenkt hast war stark, doch am Ende war es der Tod, der triumphiert hat.“ Doch die Liebe schüttelte erneut den Kopf.

„Tut mir leid, mein lieber Tod, doch die Wette hast du immer noch nicht gewonnen.“ Die Liebe lächelte den Tod an, welcher nun wirklich wütend wurde und seine Sense an den Hals der Liebe legte.

„Die beiden liegen im Grab und können sich nicht mehr lieben und du behauptest immer noch, ich hätte nicht gewonnen?“ Die Stimme des Todes donnerte, doch die Liebe blieb ruhig und lächelte ihn weiterhin an. „Wie kannst du es wagen, meinen Sieg in Frage zu stellen?“

„Du hast es immer noch nicht verstanden oder?“ fragte die Liebe den Tod mit sanfter Stimme. „Du hast zwar die beiden zu dir geholt, doch ihre Liebe lebt weiter.“

„Was soll das heißen?“ Der Tod war nun rasend vor Wut. Er konnte nicht verstehen, was die Liebe damit meinte.

„Die ursprüngliche Liebe der beiden, mag unter der Erde begraben liegen, doch sie lebt weiter, in ihrer Tochter. Sie war das Ergebnis ihrer Liebe, so wie es die Kinder ihrer Tochter ebenfalls waren.“ Die Liebe streichelte sanft die Wange des Todes, der vor Wut zu zittern begann. „Du kannst vielleicht die Menschen töten oder ihnen alles wegnehmen, was sie lieben, doch ihre Liebe selbst, wird ewig weiterleben, ganz egal, was du auch tust.“ Die Liebe wusste, dass der Tod nun endlich erkannte, dass er verloren hatte. Der Tod hob seine Sense, und holte zum Schlag aus, doch die Klinge rammte sich lediglich tief in den Boden. Die Wette war also vorbei und die Liebe hatte am Ende doch noch über den Tod gesiegt.

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