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Der letzte Streich


Die folgende Kurzgeschichte entstand durch die von mir selbst auferlegte Instagram Kurzgeschichtenchallenge.
Thema war Max und Moritz



Max und Moritz beobachteten das Spektakel aus sicherer Entfernung. Die Dorfbewohner glaubten doch tatsächlich, dass sie die beiden geschnappt hätten. Moritz lachte und Max musste ihm den Ellenbogen in die Seite rammen, damit er dadurch nicht ihr Versteck verriet. Als sie sahen, was die Dorfbewohner mit ihren vermeintlichen Opfern anstellten wurden die beiden wütend. Sie waren keine Unschuldslämmer, das wussten sie und sie hatten mit Sicherheit viele schreckliche Dinge getan, doch die beiden Brüder zu ermorden war schon ein starkes Stück. Nicht nur das, denn die Dorfbewohner freuten sich auch noch über den vermeintlichen Tod der beiden Streichespieler. Max kam in diesem Moment eine Idee.
„Hey Moritz. Was hältst du davon, wenn wir wo anders hingehen und dort unsere Streiche weiterspielen?“ Moritz schaute seinen Bruder verwundert an.
„Du willst einfach abhauen?“
„Nein, natürlich nicht. Wir gehen mit einem großen Knall.“ Max verzog sein Gesicht zu einer diabolischen Grimasse und sein Bruder Moritz tat es ihm gleich. Dann zogen sich die beiden zurück, um ihren letzten Streich, den Meisterstreich, vorzubereiten.
Es war bereits spät und es begann zu dämmern. Die Witwe Bolte genoss die Ruhe, die mit dem Tod der beiden Krawallbrüder ins Dorf eingezogen war. Dennoch hatte sie das seltsame Gefühl beobachtet zu werden. Sie stand von ihrer Bank auf, auf der sie saß und ging um das Haus herum, um ihren neuen Hühnern etwas zu fressen zu geben. Als sie um die Ecke kam blieb sie wie versteinert stehen und ein kalter Schauer durchlief ihren Körper. Es war unmöglich, doch vor sich sah sie Max.
„Guten Abend, Witwe Bolte. Wie geht es denn so? Genießt du die Stille?“ Die Stimme, das Aussehen, selbst das Grinsen passte zu dem Max, den sie kannte. Doch Max war tot. War das etwa ein Geist? Kamen die beiden Störenfriede nun selbst im Tode zurück, um ihr Werk zu vollbringen? „Wie wir feststellen mussten, habt ihr euch über unseren Tod gefreut. Das ziemt sich aber nicht für redliche Christen.“ Witwe Bolte bekam es mit der Angst zu tun. Etwas in diesem Grinsen war anders. Früher war es schelmisch und verschmitzt. Dieses Grinsen war einfach nur noch boshaft.
„Vielleicht haben sie sich eine Strafe verdient, als sie sie unseren Tod gefeiert haben?“ Witwe Bolte stieß einen Schrei aus, als sie Moritz‘ Stimme direkt neben ihrem Ohr hörte. Ihre Lippe begann zu zittern und die Tränen schossen ihr in die Augen. Die beiden waren tatsächlich zurückgekehrt, um das Dorf zu bestrafen. „Vielleicht sollten wir zur Strafe einfach ihr Haus anzünden? Was meinst du Bruderherz? Das wäre doch ganz sicher ein famoser Streich.“ Auch das Grinsen von Moritz unterstrich den irren Blick, den dieser aufgelegt hatte.
„Das finde ich, ist eine sehr gute Idee.“ Max begann zu lachen, als er eine Fackel aus einem Sack holte und sie anzündete. Witwe Bolte konnte nichts weiter tun, als zuzusehen, wie die beiden vermeintlichen Geister die Fackel auf das Strohdach des Hauses warfen. Dieses fing schnell Feuer und Max und Moritz begannen mit einem irren Lachen. Witwe Bolte wimmerte vor sich her, als Max zwei weitere Fackeln herausholte und sie anzündete. Die beiden Brüder ließen die Witwe zurück und begaben sich nun auf den Weg durch das Dorf.
„Wer wirft denn da herum mit Feuer? Max und Moritz diese Ungeheuer!“ Die beiden schmetterten diesen Spruch durch die Gegend, während sie die panischen Blicke der Dorfbewohner genossen. Ein jeder Dorfbewohner war dabei, als Max und Moritz gestorben waren. Dennoch liefen die beiden nun quietschfidel durch die Gegend. Als sie den Dorfplatz erreichten kam Herr Lämpel mit dem Priester auf sie zu.
„Weicht davon ihr bösen Geister und lasst diese armen Seelen in Frieden.“ Der Priester hielt den beiden Brüdern ein Kreuz entgegen und versuchte auf diese Weise die vermeintlichen Geister zu vertreiben. Max und Moritz schauten sich nur vergnügt an und begannen zu lachen. Ihr Lachen wurde nur noch stärker, als sie die panischen Blicke der Dorfbewohner sahen. Max wollte gerade die Fackel auf eines der nahen Häuser werfen, als eine rauhe Hand ihn davon abhielt. Max drehte sich zum Besitzer der Hand und blickte in das wütende Gesicht von Bauer Mecke.
„Ich dachte, ich hätte euch zwei Tunichtgute schon einmal erwischt. Diesmal entkommt ihr mir nicht.“ Max begann kalter Schweiß über den Rücken zu laufen. Bauer Mecke erkannte, dass sie nur vorgaben Geister zu sein. „Seht sie euch an! Ich weiß nicht, wie sie es getan haben, aber diese beiden sind quicklebendig.“ Moritz begann zu schreien, als Bauer Mecke ihn am Ohr zog. Auch Moritz begann zu schwitzen, als er sah, wie die Dorfbewohner langsam verstanden, was hier vor sich ging.
„Max und Moritz! Jetzt habt ihr es eindeutig zu weit getrieben!“ Herr Lämpel hatte einen knallroten Kopf. Auch die Gesichter der anderen veränderten sich von verängstigten zu hasserfüllten Blicken. Max und Moritz hatten keine Chance mehr zu entkommen. Ihr Plan war schief gelaufen. Der Müller war davongelaufen, um etwas zu holen. Als die Bewohner sahen, was der Mann geholt hatte, brach ein Jubel aus. Max und Moritz wurden von Bauer Mecke und Herrn Lämpel zu einem Baum getragen und der Müller befestigte zwei Seile an einem starken Ast. Max und Moritz wurde der Strick um den Hals gelegt und trotz allen Wimmerns, Heulens und Entschuldigens konnten sie die Herzen der Dorfbewohner nicht erweichen. Zu viel hatten sie angestellt. Zu viel Schaden angerichtet. Dies war der Tag, an dem Max und Moritz ein zweites Mal starben. Dieses Mal gingen die Dorfbewohner jedoch auf Nummer sicher und als sie sahen, dass die beiden Tunichtgute wirklich gestorben waren, feierten sie ein großes Fest.

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